Meine Eltern waren mittlerweile wieder zu Besuch, diesmal endlich mit den Unterlagen für das türkische Konsulat, um die türkische Staatsbürgerschaft abzugeben. Meine Mutter hatte sich im Laufe der letzten 6 Monate daran gewöhnt, ihre Söhne in der Haft zu sehen. Zu Anfangszeiten weinte sie durchgehend während des Besuchs und nun war „lediglich“ Trauer in ihren Augen zu sehen. Hin und wieder lächelte sie auch. „Emre, wie kannst Du immer noch so humorvoll sein?“, wollte meine Mutter wissen, als ich wieder einen Witz riss. „Ach Mama, ich will zwar auch raus und finde meine Situation gerade nicht so berauschend. Aber es ist alles halb so wild, ich bin in einer JVA in Deutschland, hier geht alles noch human zur Sache.“ Mein Vater sah meine Mutter vorwurfsvoll an, er fand es wohl nicht so lustig, dass meine Mutter lachen musste und ich wieder mal alles auf die leichte Schulter nahm: „Die ganzen Leute wissen jetzt Bescheid über Cem und dich. Deine Mutter konnte nicht den Mund halten und hat sich bei deiner Tante ausgeheult. Die Tratschtante hat die Neuigkeit in kürzester Zeit an mehr Türken herangebracht, als es irgendein Nachrichtensender in derselben Zeit hätte schaffen können.“ Einerseits war ich froh darüber, dass nun ein Großteil unserer Bekannten wusste, wo ich war, denn nun könnten mir meine türkischen Freunde schreiben. Sie wussten sicherlich nicht, wo ich das letzte halbe Jahr war. Doch andererseits konnte ich erahnen, wie Türken tickten, sie würden alle über meinen Bruder und mich lästern. Ich blieb trotzdem gespannt, ob bald Briefe von Freunden ankommen würden.

Nach dem Besuch ging ich wieder meiner täglichen Arbeit nach. Kurz vor der Freizeit, als sich alle noch in ihren Zellen befanden, rief mich der Beamte zu sich ins Büro.

Ein riesiger A4-Umschlag lag auf dem Tisch, als Absender die Staatsanwaltschaft Stuttgart, mein Herz pochte. Ich riss dem Beamten den Umschlag aus der Hand und lief im Eiltempo zu meiner Zelle, bevor mich einer der beiden Reiniger auf den Brief ansprechen konnte. Ganz langsam entnahm ich die zusammen getackerten Blätter aus dem Umschlag und versuchte mich zu beruhigen, als ich in fettgedruckter Schrift das Wort „Anklageschrift“ las.

STAATSANWALTSCHAFT   STUTTGART

 

Stuttgart, den 20.11.2013

An das Landgericht
Jugendkammer

Eilt sehr!

 

Haft hinsichtlich der Angeschuldigten
Emre Ates und Cem Ates
OLG Haftprüfungstermin (9-Monats-Haftprüfung)
gern. 
§§  121,122 StPO
15.01.2014  für beide

 Die Ermittlungen sind abgeschlossen.

Anlagen:

 

  • 12 LO Hauptakten

 

  • 38 LO Fallakten

 

  • 3 LO Unterlagen StA

 

  • 2 Haftakten

 

  • 1 LO „EV Sissi- Beschuldigte Emre Ates und Cem Ates”

 

  • 1 LO „EV Sissi -Beschuldigter unbekannt alias Enrico Monte”

 

  • 1 LO „EV Sissi-Beschuldigter unbekannt alias Christopher Blake”

 

  • 1 LO „EV Sissi- Geschädigter Peter Martin”

 

  • 1 LO „Adnan Polat”

 

  • 3 Asservatenhefte (Kopie)

 

  • 2 CD-R gescannte Akten

 

 

Anklageschrift

 

 

  1. Der am 01.12.1990 in Niedernhall geborene,

 

bis zur Inhaftierung in 73728 Esslingen a.N. wohnhafte,

-in vorliegender Sache nach vorläufiger Festnahme am 05.04.2013 seit 05.04.2013 aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Esslingen vom 05.04.2013 in Untersuchungshaft, seit 17.09.2013 auch aufgrund der Erweiterung des Haftbefehls des Amtsgerichts Ess­lingen vom 12.09.2013,

-derzeit in der JVA Schwäbisch Hall-

ledige Student
Emre Ates
-Staatsangehörigkeit: deutsch und türkisch

Verteidiger: Rechtsanwalt Günther Mayer

und

 

  1. der am 14.02.1995 in Niedernhall geborene,

 

bis zur Inhaftierung in der 70178 Stuttgart wohnhafte,

-in vorliegender Sache nach vorläufiger Festnahme am 05.04.2013 seit 05.04.2013 in Untersuchungshaft aufgrund Haftbefehls des Amtsge­richts Esslingen vom 05.04.2013, seit 17.09.2013 auch aufgrund der Erweiterung des Haftbe­fehls des Amtsgerichts Esslingen vom 12.09.2013,

– zurzeit in der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-

ledige Schüler
-Heranwachsende
Cem Ates
Staatsangehörigkeit: deutsch und türkisch

Verteidiger:

Rechtsanwalt Dr. Claudius Strohmann
(Pflichtverteidigerbestellung vom 05.04.2013)

und

 

  1. der am 08.08.1992 in Niedernhall geborene

 

in 70187 Stuttgart wohnhafte
ledige
-Heranwachsende
Adnan Polat

Verteidiger: Dr. Erik Baumann

werden angeschuldigt,

es haben

der Angeschuldigte Emre Ates

 

  1. bis 822.,

 

der   Angeschuldigte Cem Ates

259. bis 822.,

hiervon in den Fällen 259.  bis 508. als Jugendlicher
und in den Fällen 509. bis 822. als Heranwachsender

und

der Angeschuldigte Adnan Polat

 

  1. bis 402.

 

als Heranwachsender

jeweils tatmehrheitlich gemeinschaftlich und gewerbsmäßig
in den Fällen 259. bis 402. gemeinschaftlich, gewerbs- und bandenmä­ßig

in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass sie das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs durch unbefugte Verwendung von Daten beeinflusst haben

weswegen folgende Gegenstände einzuziehen sind:

 

  • der Joy-PC (Tastatur-PC) mit Maus und 2 Netzkabeln, sichergestellt bei Emre Ates

 

  • Laptop Sony Vaio, sichergestellt bei Cem Ates

 

  • Laptop Netbook, sichergestellt bei Adnan Polat

 

  • Laptop IBM Thinkpad Fx 69239 03/10 mit Zubehör (Median Mouse und Netz­teil), sichergestellt bei Emre Ates

 

  • PC Tower Median 4445 01 0220735 (15) und Zubehör (Tastatur), sichergestellt bei Emre Ates

 

Die Staatsanwaltschaft legt den Angeschuldigten folgenden Sachverhalt zur Last:

 Im Zeitraum vom 27.07.2012 bis zum 04.04.2013 erwarb der Angeschuldigte Emre Ates aufgrund eines gemeinsamen Tatplans in der Zeit vom 27.07.2012 bis min­destens zum 09.11.2012- somit in 402 Fällen- gemeinschaftlich mit den Angeschul­digten Polat und seit dem 09.10.2012 bis zum 04.04.2013- somit in 564 Fällen – gemeinschaftlich mit dem Angeschuldigten Cem Ates nach dem nachfol­genden modus operandi in insgesamt 822 Fällen betrügerisch Bahnfahrkarten bei der Deutschen Bahn AG.

Modus Operandi:
Die Angeschuldigten boten über das Internetforum www.mitfahrgelegenheit.de der ,,mitfahrgelegenheit.de carpooling.com GmbH”, Nymphenburger Str. 86, 80636 Mün­chen Bahntickets der Deutschen Bahn AG zum Verkauf an. Die Angebote bezogen sich auf jeweils längere Fahrtstrecken. Die Online-Tickets wurden in der Regel zum Preis von 40,- € pro Person und Strecke angeboten, während der tatsächliche Kauf­ preis für die Fahrkarten normalerweise bei deutlich über 100,- € lag. Für die Kontaktaufnahme mit dem Käufer gaben sie jeweils bei Internetserviceprovidern angelegte E-Mail-Adressen, die erfundene Namensbestandteile wie etwa thomasschniek@yahoo.de, danielmaurer877@hotmail.de, haroldkäfer@gmail.com und viele mehr enthielten, an. Meldete sich ein Kaufinteressent, so wurde dieser ge­beten, alle zur Online-Ticketbestellung notwendigen Daten, unter anderem die letz­ten 4 Ziffern der Personalausweisnummer, anzugeben. Der Reisende konnte sich dann im Zug bei der Fahrkartenkontrolle nur mit seinem Personalausweis als berech­tigter Inhaber des Onlinetickets ausweisen. Die Kreditkarte, mit der das Ticket be­zahlt wurde, musste er nicht vorlegen.
Wenn die Daten vorlagen, bestellten die Angeschuldigten über das Internetportal der Deutschen Bahn AG unter Verwendung derselben E-Mail-Adresse, die sie bei wwww.mitfahrgelegenheit.de angegeben hatten, das entsprechende Ticket bei der Deutschen Bahn AG. In die Buchungsmaske gaben sie dabei frei erfundene Adres­sen ein, um eine spätere Identifizierung zu erschweren. Sie verwendeten zur Bezah­lung des Tickets widerrechtlich die Kreditkartendaten fremder Personen. Diese Kre­ditkartendaten hatten sie zuvor über „schwarze” Internetforen wie cardars.cc erlangt, über die in großer Zahl ausgespähte Datensätze gehandelt werden. Die An­geschuldigten verwendeten insgesamt 166 verschiedene Kreditkartendatensätze. Die Angeschuldigten handelten in dem Wissen und Wollen, dass über die Webseite der Deutschen Bahn AG nach der Eingabe aller Daten automatisiert das Online­ Ticket versendet würde und ab diesem Zeitpunkt auch einsatzbereit wäre, ohne dass die Deutsche Bahn AG hierfür die entsprechende Zahlung erhalten würde, da diese zurückgebucht wird oder nur deshalb eine Rückbuchung nicht erfolgt, weil der betrof­fene Inhaber des Kreditkartenkontos die unrechtmäßige Abbuchung nicht bemerkt.
Die Käufer der Tickets wurden angewiesen, den Kaufpreis auf verschiedene Giro­konten, überwiegend die zwei Konten Kontonummer 1033951003, BLZ 51220700 bei der Ziraat Bank International AG, Am Hauptbahnhof 16, 60329 Frankfurt und auf das Kontonummer 799489200, BLZ 20010020 bei der Postbank AG zu überweisen. Die beiden Konten wurden von Dritten unter Vorlage gefälschter Personaldokumen­te allein zum Zweck der Vereinnahmung widerrechtlicher Gewinne eröffnet.
Teilweise wurden aber auch andere Girokonten wie das Konto der Volksbank Kiel, BLZ 21090007, Konto-Nr. 30822203, Kontoinhaber Max Zierke, und Zahlungs­wege benutzt.
Die Angeschuldigten handelten in der Absicht, durch die Fahrkartenbestellungen die Online-Tickets zu erhalten. Für diese hatten sie bereits vorab „Käufer” gefunden und leiteten diese anschließend zur Erfüllung dieses Verkaufs der Fahrkarten an die Rei­senden weiter. Hierfür konnten sie allerdings nur einen Bruchteil des tatsächlichen Werts der Online-Tickets als Kaufpreis gegenüber den Reisenden verlangen, um das vorgeschobene Motiv des Fahrkartenverkaufs, man habe etwa noch überzählige Ti­ckets aus Firmenrabatten, plausibel erscheinen zu lassen.
Die Angeschuldigten Emre Ates, Cem Ates und Adnan Polat handelten, um sich aus dem Ankauf der Bahntickets und den Einnahmen aus den Kaufpreiszah­lungen der Reisenden eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes zu verschaffen.

Die Angeschuldigten Brüder Emre Ates und Cem Ates überredeten et­wa im Frühling oder Sommer 2012 den Angeschuldigten Polat, sich an ihrem „Ne­benjob” zu beteiligen. Emre Ates installierte spätestens Mitte 2012 die notwen­digen Programme auf dem Laptop des Polat. Nachdem der Angeschuldigte Cem Ates, der im Sommer 2012 länger in der Türkei gewesen war, Mitte September 2012 nach Stuttgart zurückgekehrt war, schlossen sich die drei Angeschuldigten mindestens für den Zeitraum Anfang Oktober 2012 bis zum 09.11.2012 zusammen, um nach dem genannten System arbeitsteilig und über einen längeren Zeitraum hin­ weg betrügerisch eine Vielzahl von Bahnfahrkarten zu erwerben. Hierbei nahm jeder der Angeschuldigten die drei zentralen Aufgaben der Einstellung der Fahrkarten bei der www.mitfahrgelegenheit.de, die Kommunikation mit den Reisenden und die Be­stellungen der Fahrkarten wahr. Außerdem waren alle an der Kommunikation mit den Personen aus den „schwarzen Foren” beteiligt, die ihnen Kreditkartendaten und Bankkonten verschafften. Hierzu hatte jeder Angeschuldigte mindestens eine eigene ICQ-Kennung, wobei die Brüder auch teilweise unter den Kennungen des jeweils anderen schrieben und auch Polat teilweise eine Kennung des Emre Ates verwendete.
Die Geldabhebungen von dem Konto der Ziraat Bank zur Erlangung der Gewinne erfolgten in Anwesenheit aller drei Angeschuldigter. Im November 2012 entschieden sich die Brüder Ates nunmehr ohne Adnan Polat den betrügerischen Erwerb von Bahnfahrkarten fortzusetzen und teilten diesem wahrheitswidrig mit, die EC-Karte für das Konto der Ziraat Bank sei eingezogen worden.

Auch außerhalb des Zeitraums von Anfang Oktober 2012 bis zum 09.11.2012 nah­men die jeweils zwei  Angeschuldigten, also Emre Ates  und Adnan Polat bzw. Emre Ates und Cem Ates aufgrund ihres gemeinsamen Tatplans in wechselnder Beteiligung sowohl die Einstellungen bei der Mitfahrzentrale, die Kom­munikation mit den Reisenden, die Bestellungen der Fahrkarten und die Kommunika­tion mit den Personen aus den „Schwarzen Foren” vor.

Bis zum Auszug des Emre Ates aus der elterlichen Wohnung in Stuttgart, ca. Ende September/ Anfang Oktober 2012 handelten die Ange­schuldigten Brüder Ates und Polat überwiegend von den Wohnungen in Stuttgart (elterliche Woh­nung des Polat) aus. Nach dem Auszug des Emre Ates dürften die Taten überwiegend von dessen Wohnung in Esslingen aus stattgefunden haben.

Bis zum 09.11.2012 entstand ein Schaden zum Nachteil der Deutschen Bahn AG in Höhe von 60.470 € (Taten Nr. 1 bis 402/Tatbeteiligung Polat). Von Oktober 2012 bis zum 09.11.2012 entstand ein Schaden in Höhe von 41.003 € (Taten Nr. 259 bis 402/Tatbeteiligung aller Angeschuldigten). Von Oktober 2012 bis zum 04.04.2013 entstand ein Schaden in Höhe von 88.749,00 € (Taten Nr. 259 bis 822/Tatbeteiligung Cem Ates).

Bei einer Gesamtbetrachtung dieser sich teilweise überlappenden Schadenssummen ergibt sich ein Gesamtschaden zum Nachteil der Deutschen Bahn AG in Höhe von 129.192,20 €.

Der vereinnahmte Gewinn lag hinsichtlich des Kontos der Volksbank Kiel bei 1.835,00 €, hinsichtlich des Kontos der Ziraat Bank bei 20.617,30 € und hinsichtlich der Postbank Hamburg bei 13.765,00 €. Der Gesamtgewinn dürfte höher als bei 36.217 € liegen, da insbesondere im Februar 2013 zahlreiche Buchungen von Bahntickets vorgenommen wurden, bei denen nicht geklärt ist, wie die Reisenden den „Kaufpreis” bezahlten.
Im Einzelnen handelt es sich um die in der Anlage zur Anklage konkretisierten Taten Nr. 1-822, die in der Zeit vom 27.07.2012 bis zum  04.04.2013  begangen­ siehe Anlage 1.

 Die Taten sind:

 bei dem Angeschuldigten Emre Ates

679 Vergehen des gemeinschaftlichen, gewerbsmäßigen und 143 Verbrechen des gemeinschaftlichen, gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs
gern. § 263a Abs. 1 u. Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Abs. 5 StGB i. V. m. §§ 25 Abs. 2, 53, 74 ff. StGB.

bei dem Angeschuldigten Cem Ates

421 Vergehen des gemeinschaftlichen, gewerbsmäßigen und143 Verbrechen des gemeinschaftlichen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs
gern.  § 263a Abs.  1 u.  Abs.  2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Abs.  5 StGB i. V. m. §§ 25 Abs. 2, 53, 74 ff. StGB;
in den Fällen   259 bis 508 in Verbindung mit§§ 1,3 JGG
in den Fällen 509 bis 822 in Verbindung mit§§ 1, 105 JGG

bei dem Angeschuldigten Adnan Polat

259 Vergehen des gemeinschaftlichen, gewerbsmäßigen und 143 Verbrechen des gemeinschaftlichen gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrugs

gern. § 263a Abs. 1 u. Abs. 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, Abs. 5 StGB i. V. m. §§ 25 Abs. 2, 53, 74 ff. StGB

insgesamt in Verbindung mit§§ 1, 105 JGG

Beweismittel:

1.

 

  1. Einlassung des Angeschuldigten Emre Ates, Hauptakte 1, 120 ff.

 

  1. Einlassung des Angeschuldigten Cem Ates, Hauptakte 1, 142

 

  1. Einlassung des Angeschuldigten Adnan Polat, Hauptakte 1, 152 ff.

 

  1. Zeugen:

 

  1. PHM Götner, zu laden über die Bundespolizeiinspektion München, 80335 München

 

  1. POK Bauer, zu laden über die Bundespolizeiinspektion München, 80335 München

 

  1. PHM Karsten, zu laden über das Bundespolizeipräsidium, Referat 55, 83024 Rosenheim

 

  1. Urkunden:

 

  1. Auskünfte aus dem Bundeszentralregister

 

  1. Ausdrucke ICQ-Chatprotokolle, gesichert auf dem Joy-PC des Emre Ates, Hauptakte 7

 

  1. Ausdrucke ICQ-Chatprotokolle, gesichert auf dem Laptop Sony des Cem Ates, Hauptakte 8

 

  1. Ausdrucke ICQ-Chatprotokolle, gesichert auf dem Laptop IBM, Haupt­akte 9

 

  1. Ausdrucke ICQ-Chatprotokolle, gesichert auf dem PC Median, Hauptakte 10

 

  1. IT-Untersuchungsbericht Laptop Sony, Hauptakte 12

 

  1. IT-Untersuchungsbericht Joy-PC, Unterlagen StA Teil 3, 220 ff.

 

  1. Kontoauszüge der Ziraat Bank, BI. 47

 

  1. Kontoauszüge der Postbank AG, BI. 3 ff./EV Sissi- Be­schuldigte Emre Ates  und Cem Ates,  113 ff.

 

  1. Kontounterlagen Emre Ates, ,,privates Konto”, Hauptakte 5, 13 ff.

 

  1. Kontounterlagen Cem Ates, ,,privates Konto”, Hauptakte 5, BI. 79

 

  1. Auswerteprotokolle Mobilfunktelefone/Surf-Surfstick, Hauptakte 2, BI. 110

 

  1. Lichtbildmappe Volksbank Esslingen eG, Geldautomat in Zell, 01.13, LO „EV Sissi-Beschuldigter unbekannt alias Christopher Blake”, BI. 165 ff./ CD BI. 145

 

  1. Lichtbildmappe Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, Geldautomat in Zell, 01.13, , LO „EV Sissi-Beschuldigter unbekannt alias Christo­ pher Blake”, BI. 137 ff.

 

  1. Lichtbildmappen Landesbank BW, Geldautomat Küferstr., 73728 Ess­ lingen, LO „EV Sissi- Beschuldigte Emre Ates und Cem Ates”, BI. 225

 

  1. CD Handyrohdaten Emre Ates und Cem Ates, Hauptakte 2, BI. 106

 

Wesentliches Ergebnis der Ermittlungen:

1. Zur Person

 

  1. Angeschuldigter Emre Ates

 

Der Angeschuldigte Emre Ates wurde am 01.12.1992 in Niedernhall geboren. Er ist ledig und hat die deutsche und die türkische Staatsangehörigkeit. Er studiert im 3. Semester Informatik.

 

  1. Angeschuldigter Cem Ates

 

Der Angeschuldigte Cem Ates wurde am 14.02.1995 in Niedernhall gebo­ren. Er ist lediger Schüler und hat die deutsche und die türkische Staatsangehörig­ keit. Zuletzt besuchte er die Werkrealschule.

 

  1. Angeschuldigter Polat 

 

Der Angeschuldigte Polat wurde am 08.08.1992 in Niedernhall geboren. Er ist türki­scher Staatsangehöriger und ledig. Er hat eine Lehre absolviert und einen weiteren Abschluss an der weiterbildenden Fachoberschule absolviert. Er beabsichtigt im Wintersemester 2013/2014 ein Studium zu beginnen.

2. Zur Sache:

 

  1. Ursprung des Verfahrens:

 

Ausgangspunkt des Verfahrens war zunächst eine Anzeige der Selina Müller am 17.01.2013 bei der Bundespolizei München. Diese hatte bei www.mitfahrgelegenheit.de ein Bahnticket erworben, welches ihr unter dem Alias­ namen Max Fischer zugesandt wurde. Den Kaufpreis  in Höhe von 40,- € überwies sie auf das Konto der Ziraat Bank, Konto-Nr.: 1033951003, BLZ: 51220700. Anhand des zugesandten Online-Tickets stellte sie fest, dass der tatsächliche Wert der Bahn­ fahrkarte bei 142,- € lag. Dies erschien ihr nicht plausibel zu sein. Parallel erstattete am 19.01.2013 der Kreditkarteninhaber Thomas Hedergott bei der Bundespolizeiinspektion Erfurt Anzeige wegen des missbräuchlichen Gebrauchs seiner Kreditkarte. Hierbei wurden insgesamt 18 widerrechtliche Abbuchungen zu Gunsten der Deutschen Bahn AG festgestellt. Zunächst wurde versucht, die Nutzer der Bahntickets anhand der Ticketnummern zu identifizieren und zu vernehmen. Die Zeugen, die er­mittelt werden konnten, gaben an, die Tickets von einer Person Namens Max Fischer über das lnterforum der Mitfahrgelegenheit.de erworben zu haben und den Kaufpreis auf das Konto der Ziraat Bank überwiesen zu haben. Angeblicher Kontoinhaber des Kontos bei der Ziraat Bank war eine Person Namens Christopher Blake. Bei der Kon­toeröffnung wurde ein gefälschtes niederländisches Ausweisdokument vorgelegt. Das Konto bei der Ziraat Bank wurde dann Ende Januar 2013 durch die Staatsan­waltschaft Hamburg geschlossen. Es wurde noch festgestellt, dass acht Bargeldab­hebungen zwischen dem 04.12.2012 und dem 22.01.2013 vom Konto der Ziraat Bank im Raum Tübingen stattfanden. (Kontounterlagen, Ziraat Bank, , LO „EV Sissi­ Beschuldigter unbekannt alias Christopher Blake”, BI. 45 ff.). Weitere Abhebungen im Dezember 2012 und im Januar 2013 wurden im Raum Esslingen vorgenommen.

Nach der Schließung des Ziraat Bank Kontos wurden über www.mitfahrgelegenheit.de Einstellungen von Fahrkarten gesucht, die Parallelen zu den verwendeten Daten für Max Fischer aufwiesen. Hierbei konnte festgestellt wer­ den, dass ein Angebot unter dem Namen Felix Geissler die gleichen Bestandsdaten enthielt. Über die Ermittlungen bei der Deutschen Bahn AG wurden Fahrkartenkäufe abgefragt, die unter dem Namen Felix Geissler stattgefunden hatten. Hierdurch wur­de man schließlich auf das Konto bei der Postbank Hamburg, Konto-Nr.: 799489200, BLZ: 20010020, eröffnet auf den Namen Enrico Monti, geb. 10.10.1990 in Rom, Zeughausmarkt 19, 20459 Hamburg, aufmerksam. Für Geldabhebungen von diesem Konto am 20.03., 26.03. und 31.03.2013 konnten Videoaufzeichnungen gesichert werden, bei denen jeweils eine Person mit einem Motorradhelm maskiert war (,,EV Sissi- Beschuldigte Emre Ates und Cem Ates”, BI. 225 ff.). Auch bei zwei Geldabhebungen am 09.01.2013 gegen 17:59 Uhr und am 14.01.2013 gegen 22:06 Uhr wurde bei der Volksbank Esslingen bzw. bei der Kreissparkasse Esslin­gen-Nürtingen in den Videoaufzeichnungen eine Person mit Motorradhelm festge­stellt. Auf Grund der vorangegangenen Geldabhebungen wurden zwei Geldautoma­ten der Volksbank Esslingen und der Landesbank Baden-Württemberg am 03.04.2013 und am 04.04.2013 von 19:00 Uhr bis 24:00 Uhr überwacht. Am 04.04.2013 wurden Emre Ates und Cem Ates von der Bundespolizei München schließlich dabei beobachtet, wie sie von einem Geldausgabeautomaten der Baden-Württembergische Bank an der Filiale in der Kieferstr. 35, 73730 Esslin­gen am Neckar gemeinsam Geld abhoben und zwar von dem o.g. Postbankkonto, Konto-Nr.: 799489200, BLZ: 20010020.

Emre und Cem Ates wurden am 05.04.2013 vorläufig festgenommen. Am gleichen Tag fanden bei beiden Angeschuldigten in Esslingen und Stuttgart Woh­nungsdurchsuchungen statt.

 

  1. Sichergestellte Datenträger:

 

 Neben verschiedenen Mobilfunktelefonen wurden 4 Computer sichergestellt, die re­levante Daten enthielten.

Bei der Durchsuchung durch die Bundespolizei München am 05.04.2013 wurde in der Wohnung des Emre Ates in Esslingen eine Joy-PC (Tastatur-PC) sicherge­stellt. Bei Cem Ates, der bei seinen Eltern in Stuttgart wohnhaft war, wur­de ein Sony Laptop sichergestellt. Beide PCs waren mit der Software TrueCrypt ver­schlüsselt Die beiden über 30-stelligen Passwörter der Brüder, die diese später preisgaben, unterscheiden sich lediglich in den zusätzlichen 2 Stellen bei Emre Ates, die „18″ lauten.

In dem parallel gelagerten Verfahren wurde bei der Wohungsdurchsuchung der elterlichen Wohnung, in der zu diesem Zeitpunkt noch beide Brüder wohnhaft waren, am 22.08.2012, zwei PCs sichergestellt, die gleich­falls verschlüsselt waren. Sie konnten mit denselben Passwörtern geöffnet werden. Es handelt sich um einen Laptop IBM, auf dem Chatverläufe vom 10.02.2012 bis 06.03.2012 gesichert werden konnten und einen PC Medion, auf dem Chatverläufe vom 13.07.2012 bis zum 20.08.2012 gesichert wurden.

 

  1. Zurechnungen der Bahnticketbuchungen:

 

Die von der Bundespolizei München erstellte Gesamtliste der missbräuchlichen Ti­cketbuchungen beruht auf den Daten der Deutschen Bahn AG über betrügerisch er­worbene Bahntickets, die diese an das Bundespolizeipräsidium Potsdam, ,,Soko Combet” weitergegeben hat. Dort werden die Daten zentral in das polizeiliche Da­tenbanksystem „b-case” eingegeben, das die Suche nach bestimmten Kriterien wie verwendeter E-Mail-Adresse, Kreditkartennummer oder mitgeloggter IP-Adresse er­möglicht.

Die Zurechnung der Bahnticketbuchungen zu den Angeschuldigten erfolgte einer­seits anhand der Auswertung der beiden Girokonten bei der Ziraatbank und bei der Postbank AG, auf die die Reisenden den „Kaufpreis” überwiesen haben. Anhand der im Verwendungszweck der Überweisungen angegebenen Daten, wie der 6-stelligen Ticketnummer und des Namens konnten die Ticketbuchungen identifiziert werden.
Die Bahnticketbuchungen, die den Überweisungen auf diese Konten zugrunde lagen, sind den Angeschuldigten einerseits aufgrund der parallelen Abhebesituationen, ins­besondere auch wegen der Verwendung des Motoradhelms zuzurechnen.  Weiter ergibt sich aus einem Vergleich der in der Buchungsmaske angegebenen E­ Mail-Adressen bzw. deren Hauptnamensbestandteilen, dass  Varianten  der Namen „Frank Meyer” und „Felix Geissler” sowohl für Ticketbuchungen, deren Gewinn auf das Konto der Postbank Hamburg gingen, verwendet wurden als auch für solche, deren Gewinne auf das Konto der Ziraat Bank gingen. Für den Namen „Frank Meyer” gilt das etwa in den Fällen 648 – 651, 655 – 663, 665 und 668 bis 677 für das Post­bankkonto und in den Fällen 353 – 434 für das Ziraat Bank Konto. Für „Felix Geissler” gilt dies etwa in den Fällen 555 – 647 für das Postbankkonto und in den Fällen 435 – 469 für das Ziraat Bank Konto.

Ein Abgleich der bei den Ticketbuchungen seitens der Deutschen Bahn AG mitgeteil­ten IP-Adressen ergibt außerdem, dass der Stamm der IP-Adresse „89.204.” bei Bu­chungen bzgl. beider Konten auftaucht, was auf die Nutzung eines Surf-Sticks zurückzuführen ist. Die weiteren Buchungen können über identische Elemente, wie mitgeloggte IP-Adressen, verwendete E-Mail-Adressen und verwendete angebliche Anschriften in der Buchungsmaske zugeordnet werden, beispielsweise auch durch markante Kombinationen der Straße mit einer falschen oder nicht existenten Post­leitzahl etwa Baumweg 3, 34343 Berlin oder Kreuzgasse 8, 87347 München und die verwendeten Kreditkartennummern.

a) Tatbeteiligung des Emre Ates:

Am 03. und 04.06.2013 machte der Angeschuldigte Emre Ates umfassende ge­ständige Angaben zu allen ihm hier vorgeworfenen Taten, die sich nach der Auswer­tung der Beweismittel und insbesondere der verwendeten PC’s hinsichtlich seinen ei­genen Tatbeitrags bestätigt haben.

Weiter wird der Angeschuldigte Emre Ates belastet durch die Angaben des An­geschuldigten Adnan Polat, bei dem am 06.08.2013 eine Hausdurchsuchung statt­ fand und der anschließend umfangreiche Angaben gemacht hat.

Der Verbleib des Großteils des Gewinns ist ungeklärt. Soweit der Angeschuldigte Emre Ates angegeben hat, er habe die Gewinne aus den Straftaten aufgrund seiner Spielsucht ausgegeben, wurde dies durch die Ermittlungen bislang nicht bestätigen.

Aus einem auf dem PC Medion gesicherten ICQ-Chatverlauf (Stehordner Hauptakte 10, BI. 23 ff. -der PC wurde sichergestellt durch die Bundespolizei Kassel am 22.08.2012 bei einer Hausdurchsuchung bei der Familie Ates in Stuttgart), ergibt sich, dass er von 18.000,- € Gewinn aus einer früheren Tatphasen nur 2.000,- € verzockt hat und außerdem den Gewinn mit seinem Bruder geteilt hat. Aus dem Zwischenbe­richt III der Bundespolizei Köln (LO Unterlagen StA 3, BI. 136), die ebenfalls gegen Emre und Cem Ates wegen einer dritten Tatphase ermittelt geht jedoch hervor, dass über die E-Mail-Adresse ha­rold.käfer@yahoo.de, die auch regelmäßig für die Bahnticketbestellungen benutzt wurde, über 7.000,- € über den E-Währungstauscher Dagensia in Prag an ein Konto des inzwischen vom FBI im Mai 2013 abgeschalteten Internetbezahlsystems Liberty­ Reserve S.A. überwiesen wurde. Es ist davon auszugehen, dass die Überweisung von Geldern auf ein Liberty-Reserve Konto nur eine Methode war, die Gewinne nachhaltig zu sichern und dass die Gewinne aus dem hiesigen Verfahren gleichfalls über anonyme Internetbezahlsysteme weitergeleitet wurden und mindestens teilwei­se noch verfügbar sind. Insgesamt dürfte der Verbrauch der Gewinne für die Spiel­sucht als eher gering einzuschätzen sein. Auf dem bei der Durchsuchung am 05.04.2013 sichergestellten PC haben sich bislang keine Hinweise auf die Kontakte zur Online-Wettanbietern gefunden.

b) Tatbeteiligung des Cem Ates

Der Angeschuldigte Cem Ates wurde am 25.06.2013 von der Bundespolizei München ausführlich vernommen und gab hierbei auch seine entsprechenden Pass­wörter bekannt. Im Wesentlichen streitet er jedoch eine Beteiligung an den ihm vor­geworfenen Taten ab. Er sei zwar ein paar Mal dabei gewesen, wie sein Bruder Geld abgehoben habe und habe von diesem auch ein kleines Taschengeld erhalten, damit er nicht weiter nachfrage. Er habe lediglich, als er im Sommer 2012 in der Türkei Ur­laub gemacht habe, für „Dark”, den er über ICQ-Chats kannte, Angebote auf der Webseite der Mitfahrgelegenheit eingestellt.  An den Ticketbuchungen für diese Einstellungen sei er nicht beteiligt gewesen. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland habe er mit diesen Sachen nichts mehr zu tun gehabt.

Ihm sind die Taten Nr. 259 – 822 im Rahmen einer mittäterschaftlichen Begehungs­weise jedoch aufgrund folgender Umstände zuzurechnen:

Hinsichtlich des Laptops des Cem Ates, der bei der Durchsuchung am 05.04.2013 sichergestellt wurde, gibt Emre Ates in seiner Vernehmung am 04.06.2013 an, er kenne das Passwort nicht. Cem Ates gibt in seiner Ver­nehmung am 25.06.2013 dagegen zunächst an, ihm sei für die Verschlüsselung sei­nes PC’s kein eigenes Passwort eingefallen, daher habe er das „ähnliche Passwort” gefunden, d.h. das ähnliche Passwort zu dem seines Bruders. Erst im weiteren Ver­lauf der Vernehmung gibt er an, sein Bruder habe den Laptop verschlüsselt und die­ser habe mit ihm gearbeitet. Diese Aussagen widersprechen sich insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass Emre Ates ersichtlich seinen Bruder entlasten wollte. Insgesamt ist anzunehmen, dass die Passwörter deshalb fast identisch waren, damit beide die jeweiligen PC’s nutzen und die Ticketbuchungen durchführen konnten. Im Wesentlichen dürfte jeder Bruder seinen eigenen PC benutzt haben. Auch für die E­Mail-Adressen emreates@gmail.com und cem.a@gmail.com wurde dassel­be Passwort verwendet.

Da die Eltern der Ates wussten, dass die Brüder ihre Computer zur Begehung von Straftaten nutzten, dürfte auch keine Notwendigkeit dafür bestanden haben, dass Emre Ates nach seinem Auszug bei Besuchen bei seinen Eltern dort Zu­griff auf einen PC hatte. Die Kenntnis der Eltern ergibt sich außer aus dem Umstand, dass die Bundespolizei Kassel am 22.08.2012 eine Durchsuchung in der „Familien­wohnung”, Stuttgart durchgeführt hat, insbesondere aus dem Chatverlauf der ICQ-Kennung 1337 880  mit „Steven Bollywood”  am 18.07.12 (Hauptakte 10, Bl.13). Dort heißt es:

„ich schwöre dir, mein bruder wird nichts von der bd erfahren er ist sowieso 2 monate weg weswegen der auch sauer ist weil der selber nicht fillen kann (…) der petzt mich sogar meinen eitern also der hat mich letztens „gepetzt” weswegen die bd zerschnit­ten wurde”.

Bereits im Februar 2012 gab es familiäre Probleme, da sich Cem Ates ein iPad gekauft hatte (Chatverlauf vom 29.02.2012, gesichert auf dem PC IBM, Haupt­ akte 9, BI. 9).
In seiner Wohnung in Esslingen verfügte Emre Ates über einen eigenen PC.
Hinsichtlich der Taten 353 – 434 ist festzustellen, dass für den Erwerb der Online­ Tickets die E-Mail Adressen f.meyer80@yahoo.de, frank.meyer80@freenet.de, frank.m.80@freenet.de, f.meyer80@freenet.de verwendet wurden, die ausschließlich auf dem Laptop des Cem Ates, nicht jedoch auf dem PC des Emre Ates gesichert wurden (Hauptakte 1, BI. 33, Hauptakte 3, BI. 11). Unter Angabe dieser E­ Mail Adressen wurden vom 05.11. bis zum 11.11.2012 ca. 80 Buchungen von Onli­ne-Tickets mit nicht rechtmäßig erlangten Kreditkartendaten durchgeführt.
Unter der E-Mail-Adresse frank.meyer80@freenet.de wurde am 05.11.2012  auch eine E-Mail an den Administrator der Webseite www.mitfahrgelegenheit.de gesendet, mit der Bitte, die eingestellten Inserate nicht immer zu löschen (Hauptakte 12, BI. 16 des IT-Untersuchungsbericht, Laptop Sony).
Vergleicht man die Kontaktlisten für die ICQ-Chats auf dem PC des Cem Ates und auf dem PC des Emre Ates, so ergeben sich zahlreiche Überein­stimmungen hinsichtlich der Personen, die für die Beschaffung von Konten und Kre­ditkartendaten zentral waren.

Für eine gleichwertige mittäterschaftliche Beteiligung des Cem Ates spricht ferner deutlich der auf dem iPhone 4 des Emre Ates gesicherte SMS-Verkehr in der Nacht vom 26.01.2013 auf dem 27.01.2013 (Hauptakte 3, BI. 91 f.). Hier diskutieren die Brüder darüber, wem die nächsten zwei Zahlungen zustünden, da nunmehr der Emre Ates „gearbeitet” habe, obwohl Cem Ates hätte arbeiten wol­len bzw. sollen. Hiermit in engem zeitlichen Zusammenhang stehen 93 Fahrkarten­einstellungen bei der Mitfahrgelegenheit und 9 Ticketbuchungen, die zwischen dem 26.01.2013, 16:35 Uhr und dem 27.01.2013, 8:06 Uhr (Fälle 509 – 517) durchgeführt wurden.

Außerdem wird nochmals auf den zuvor zitierten ICQ-Chatverlauf verwiesen, bei dem Emre Ates am 15.07.2012 unter der ICQ-Nummer 1337880 der ICQ­ Nummer 255479123, Nickname „Norbert Waller” gegenüber angibt, bereits im Mai und Juni „18k€” gemacht zu haben und mit seinem Bruder geteilt zu haben.

Zwar gab es im Sommer 2012 offenbar auch Auseinandersetzungen zwischen den Brüdern, wie sich auch aus dem zitierten Chatverlauf mit „Steven Bollywood” ergibt und Emre Ates wollte das nächste Bankkonto zum Empfang vor Gewinnen vor Cem Ates geheim halten. Allerdings sprechen die zahlreichen Indizien da­gegen, dass es ein dauerhaftes Zerwürfnis zwischen den Brüdern gab. Vielmehr ist aufgrund der vorgenannten Indizien und aufgrund der Angaben des Adnan Polat davon auszugehen, dass die Brüder nach ihrer Rückkehr aus der Türkei unverändert zusammengearbeitet haben.

Der Angeschuldigte Polat machte bei seiner Vernehmung am 06.08.2013 umfas­sende Angaben zu seiner Tatbeteiligung. Die Richtigkeit dieser Angaben hat sein Verteidiger, nachdem er zunächst Zweifel an der ordnungsgemäßen Belehrung des Angeschuldigten äußerte, später bestätigt (LO „Adnan Polat”, BI. 299). Hierbei gab Polat auch an, dass „BXW” sein ICQ-Nickname sei. In der Stellungnahme des Vertei­digers vom 09.11.2013 hat dieser weitere, teils modifizierende Angaben gemacht.

Der Angeschuldigte Polat gab an, beide Brüder hätten ihm von ihrem Nebenjob er­zählt und zunächst hätten ihn beide eingewiesen. Mit Schriftsatz vom 09.11.2013 konkretisierte der Verteidiger den Zeitpunkt der „Einweisung” auf Mitte Juli 2012. Cem Ates sei gegen eine Beteiligung des Polat gewesen und teilweise hät­ten er und Emre Ates heimlich an dem Ziraat Bankkonto gearbeitet. Später habe Emre gesagt, der Cem wisse jedoch von dem Konto und weiter gab der Polat auch an, sie seien teilweise alle drei, d.h. Cem, Emre und er, beim Geldabhe­ben gewesen.

Hinsichtlich des Tatzeitraums hat er das Ende der Zusammenarbeit konkret auf den 09.11.2012 datiert, da er zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Beendigung der Zusam­menarbeit seinen Laptop von Emre zurückgefordert habe. Weiter gibt er nun an, er sei im Juli 2012 zusammen mit Cem und Emre Ates beim Geldabheben ge­wesen und später dreimal mit Emre Ates.

Dagegen sagte er bei seiner Vernehmung am 06.08.2013 aus, er sei zwei- oder dreimal mit den Brüdern Ates beim Geldabheben dabei gewesen sei und er mei­ne, seine erste Abhebung sei mit einer Karte des Ziraat Bank Kontos gewesen. Demnach wäre es erst nach der Rückkehr des Emre Ates aus dem Urlaub, d. h. erst ab dem 26.09.2012 möglich gewesen, dass die drei Angeschuldigten zusammen Geld abgehoben hätten.
Soweit der Angeschuldigte Polat über seinen Verteidiger (Schriftsatz vom 09.11.2013) vortragen lässt, er habe während der hier relevanten Tatzeit nicht mit beiden Brüdern zusammengearbeitet, haben dies die Ermittlungen nicht bestätigt:

Insoweit ist festzustellen, dass Emre Ates im Chatverlauf mit der der ICQ­ Kennung 1337 880 mit „Steven Bollywood” am 18.07.12 (Hauptakte 10, Bl.13) angibt:,,ich schwöre dir, mein bruder wird nichts von der bd erfahren er ist sowieso 2 monate weg weswegen der auch sauer ist weil der selber nicht fillen kann(…)”. Da­ her dürfte Cem Mitte oder Ende Juli 2012 nicht in Deutschland gewesen sein.

Außerdem ist auch nicht ersichtlich, welche EC-Karte den Ates Mitte/Ende Juli 2012 zur Verfügung gestanden haben könnte. Die erste Bargeldabhebung mit der EC-Karte des Ziraat Bank Kontos im Raum Stuttgart fand erst am 27.08.2012 in Hailfingen (Stadtteil von Rottenburg a. N.) statt. Die vorherigen Abhebungen mit die­ser EC-Karte fanden im Hamburg statt und dienten der „Bezahlung” des Girokontos. Auf das Girokonto bei der Volksbank Kiel, das der tatsächliche Inhaber Max Zierke zur Verfügung gestellt haben dürfte, gingen seit 10.07.2012 Überweisungen im Zusammenhang mit Bahnfahrkarten ein (Hauptakte2, BI. 4/38 ff.). Jedoch fanden die Abhebungen ausschließlich im Stadtgebiet Kiel statt.
Auch im Verfahren, das den Tatzeitraum von Mai 2012 bis Ende August 2012 betrifft, stand den Brüdern Ates keine eigene EC-Karte zur Verfü­gung.
Daher müssten die Abhebungen, bei denen alle drei gemeinsam anwesend waren, im Oktober/November 2012 stattgefunden haben.

Emre habe ihm (Polat) auch erzählt, dass Cem Ates öfters die Schule schwänze und er vermute, dass er dann in Emres Wohnung gewesen sei, zu der er einen Schlüssel gehabt habe. Im Zusammenhang mit Fragen zu einem Briefkastendrop gibt er an, dass die (Brüder) sowieso immer zusammen gewesen seien. Er geht auch davon aus, dass beide Brüder gegenseitig Zugriff auf ihre ICQ­ Nicknamen gehabt hätten.

Letzeres ergibt sich auch aus dem auf dem Laptop IBM (sichergestellt von der Bun­despolizei Kassel am 22.08.2012) für den 06.03.2012 gesicherten Chatverlauf,  in dem  Cem  Ates  unter  der  ICQ-Nummer  1337 880,  die  Emre Ates durchgehend bis zur seiner Verhaftung benutzte, schreibt „aber ich bin der Bruder” (Chat-Verlauf vom 06.03.2012, 17.21 h, Hauptakte 9, BI. 13, unten).

Beide Brüder hätten ihm ca. im November 2012 erzählt, die EC-Karte sei eingezogen worden, vermutlich um den Gewinn nicht weiter mit ihm zu teilen. Insgesamt lässt sich der Aussage des Polat entnehmen, dass dem Cem Ates, der bis Mitte September 2012 in der Türkei war, das Konto der Ziraat Bank zunächst nicht be­kannt gewesen sein könnte. Allerdings ist aufgrund der engen Beziehung der Brüder zueinander, den gemeinsamen Geldabhebungen und der gleichartigen Konfiguration der PC der Brüder davon auszugehen, dass Cem Ates seit seiner Rückkehr aus der Türkei (wieder) tatbeteiligt war. Hierfür spricht auch die Aussage des Polat, dass ihm später beide Brüder erklärt hätten, die EC-Karte sei eingezogen worden.

Als erster Fehltag in der Schule ist bei Cem der  20.09.12  vermerkt.  Emre Ates war vom 10.09.2012 bis 26.09.2012 in der Türkei.  Ab dem  27.09.2012  ist von einer Fortführung der gemeinsamen Taten auszugehen. Die erste Buchung seit diesem Zeitpunkt fand am 09.10.2012  statt.

Eigene Kontakte des Cem Ates zu Kreditkartendatenverkäufern ergeben sich noch aus folgendem:

Der ICQ-Chatverlauf vom 09.03.2013, 15.01 h, gesichert auf dem Laptop des Cem Ates, Kennung 615844633 mit 692155745 (BananaJBananaJ), lautet:

,,Hi, deine CC’s waren gut, ¾ haben gefunzt. nur der hier war invalid” (Hauptakte 8, BI. 36).

Der auf demselben Laptop gesicherte Chat von der ICQ-Kennung 615844633 mit 467533544 am 11.11.2012  um 14.24 h (Hauptakte  8, 81.11) lautet:

„Hey, ich hatte ja letztens von dir 10 stück CCs gekauft, aber 5 davon gingen nicht und  zwar die(…)”

Dass die Brüder Ates viele Personen aus den „schwarzen Foren” gemeinsam kannten, ergibt sich beispielsweise auch aus diesem Chat, gesichert auf dem Laptop IBM Chat zwischen der ICQ-Kennung 612162453  und  der  ICQ-Kennung 619286606 am 15.02.2012, bei dem 612162453 anfragt:,, kannst du mir kurz bd da­ten von meinem bruder geben, der ist grad net da und geht nicht an sein handy ran, wollte psc drauf auscashen” (Hauptakte 9 B1.15) und von derselben Kennung „bin
dann wieder off, muss was für meine mutter erledigen. ich sag meinem bruder nochmal, dass du auf ihn wartest”.

Ähnliches ergibt sich aus dem auf dem Laptop Sony (Cem Ates) gesicherten Chat-Verlauf von 45356689 „Flippi” an die ICQ-Kennung 617452453 (Cem Ates) am 27.02.2013 (Hauptakte 8, BI. 42) ,,da dein bruder busted wurde und dann gehe ich mal  davon  aus, dass du auch erwischt  wurdest”.  Die Antwort lautet:

,,kk”.

c) Tatbeteiligung des Adnan Polat:

Der Tatverdacht gegen den Angeschuldigten Polat ergab sich aufgrund der im Rah­men des Verfahrens bei der Bundespolizei Kassel durchgeführ­ten TKÜ-Überwachung des Telefonanschlusses 07234892348, Inhaber Murat Ates (Vater des Emre und Cem Ates). Aus dieser TKÜ wurde ein Ge­spräch zwischen dem oben genannten Anschluss und der Telefonnummer 01723489234, Inhaber Adnan Polat, am 26.08.2012 zwischen 21:09 Uhr und 21:1O Uhr mitgeschnitten (Hauptakte 3, BI. 79). Gegenstand dieses Gesprächs ist das Problem, dass eingestellte Angebote bei www.mitfahrgelegenheit.de schnell wieder vom An­bieter gelöscht werden. Hierbei wird diskutiert, ob dies am eingestellten Text oder an der verwendeten IP-Adresse liegt. Bis zu diesem  Zeitpunkt  fanden die Buchungen bei der DB AG fast ausschließlich mit einem Surf-Stick  des Internetserviceproviders O2 statt. Die weiteren Buchungen, die nach diesem Gespräch getätigt wurden, sind im Zeitraum 27.08.2012 bis 10.11.2012 mit der IP-Adresse des lnternetservicesproviders   Lycamobile   getätigt   wurden,   für   den   der  IP-Stamm 83.137.2. mitgeloggt wird.

Aufgrund dieses Gesprächs wurde ein entsprechender Durchsuchungsbeschluss beim Amtsgericht Stuttgart beantragt und am 06.08.2013 vollzogen (LO „Adnan Polat”, BI. 199 ff.).

Der Angeschuldigte Polat machte, wie bereits ausgeführt, bei seiner Vernehmung am 06.08.2013 umfassende Angaben zu seiner Tatbeteiligung. Hierbei gab Polat auch an, dass „BXW” sein ICQ-Nickname sei. In der Stellungnahme des Verteidigers vom 09.11.2013 hat dieser weitere, teils modifizierende Angaben gemacht.

Fest steht, dass der Angeschuldigte Emre Ates im Zeitraum vom 17.07.2012 bis zum 07.09.2012 als Ferienarbeiter beschäftigt war und es ihm aufgrund seiner Tätigkeit nicht möglich war, während der Arbeitszeit Buchungen durchzuführen.

Zugleich befand sich der Angeschuldigte Cem Ates zu dieser Zeit noch in der Türkei. Selbst wenn er hier einen deutschen Surf-Stick dabei gehabt hätte, wäre die Nutzung des Surf-Sticks dort technisch nicht möglich gewesen (Hauptakte 2, BI. 52).

 So  sind dem  Angeschuldigten Polat  sicher die Taten 1, 12 – 14, 82 – 96, 102, 104, 107 – 117, 120 – 122, 125 – 128, 131, 132, 133, 134- 138,143 – 151, 152/153 zuzu­ordnen.

Das gleiche gilt für den Zeitraum vom 10.09.2012 bis zum 25.09.2012, als Emre Ates im Urlaub in der Türkei war, d.h. für die Taten 158 bis 256. In diesem Zeit­ raum stand dem Angeschuldigten Polat auch die EC-Karte für das Ziraat Bank Konto zur Verfügung, mit der er am 14.09.2012 500,00 € an einem Geldautomat in Böblingen abgehoben hat.

Dies hat der Angeschuldigte Polat auch eingeräumt.

Auf dem PC Medion wurde am 25.07.2012 ein Chat zwischen der von Emre verwen­deten ICQ-Kennung 1337 880 und „BXW” gesichert, bei dem 1337 880 der Ken­nung „BXW”  zahlreiche  Bank- und Kreditkartendaten mitteilt.  Am 30.07.2012 gegen 22.30 h wurde ein Chatgespräch zwischen den beiden Kennungen gesichert, bei dem „BXW” mitteilt, dass er gerade beim „fillen” ist, also bei der Buchung von Bahnti­ckets, um das Girokonto durch die Kaufpreiszahlungen der Reisenden zu füllen. Am 30.07.2012 wurden zwischen 16.05 h und 23.57 h 15 Bahntickets gebucht.

Am 25.07.2012 teilte 1337 880 dem ICQ-Nickname „Lukas Kichmann”, über den er ,,Randoms” (Kreditkartendaten) mit, er habe jetzt einen Partner, der dieselbe „uin” (United Internet Number bzw. Unified ldentification Number- eindeutige ldentifizie­ rungsnummer bei ICQ) benutze, er solle sich nicht wundern, wenn dieser anders schreibe. Aus alldem ergibt sich, dass der Angeschuldigte Polat eigenständig aber im Rahmen des gemeinsamen Tatplans mit den Emre und teilweise auch mit Cem Ates zahlreiche Bahnticketbuchungen bei der Deutschen Bahn AG durchgeführt hat.

 

  1. Bandenabrede

 

Die Brüder Ates müssen dem Angeschuldigten Adnan Polat bereits zu einem deutlich früheren Zeitpunkt als Juli 2012 von ihrem Nebenjob erzählt haben, da Adnan Polat angibt, zunächst habe man für die Buchungen  bei der Deutschen  Bahn AG verschiedene Verschlüsselungssysteme wie VPN und Proxyserver verwendet, während für die hiesigen Taten offensichtlich Surf-Sticks verwendet wurden. Beide Brüder hätten ihn zum Mitmachen bei dem Nebenjob animiert. Es ist davon auszu­gehen, dass sich die drei Angeschuldigten seit Ende September 2012 zur arbeitstei­ligen Begehung von Bahnticketbuchung verabredet haben und den Gewinn unter  sich aufgeteilt haben. Hierfür spricht auch, dass alle drei Angeschuldigten alle we­sentlichen Aufgaben, die hierfür notwendig waren, wahrgenommen haben und an­schließend zu Dritt das Geld abgehoben haben. Auch der Angeschuldigte Polat hat­te eine eigene ICQ-Nummer (ICQ-Nick „BXW”), um den notwendigen Kontakt zu den anderen ICQ-Mitgliedern z.B. für die Übersendung von Kreditkartendaten zu halten.

Hinsichtlich der gemeinsamen Geldabhebungen wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

3. Rechtliche Würdigung:

Der Tatbestand des Computerbetrugs wird durch die Bestellung und den Ankauf der Bahntickets bei der Deutschen Bahn AG unter Verwendung von fremden Kreditkar­tendaten zur Zahlung der Online-Tickets erfüllt.

Der Ankauf der fremden Kreditkartendaten stellt insoweit eine Vorbereitungshand­lung zur Durchführung  des Computerbetrugs dar. Soweit die Daten von Dritten gemäß

 

  • 202 a StGB ausgespäht oder auf andere Weise rechtswidrig erlangt wurden, stellt der bloße Ankauf der Daten -bislang- i. d. R. keine Straftat dar. Etwas andere könnte sich ergeben, soweit ein Dritter zur strafbaren Beschaffung der Daten angestiftet wurde. Regelmäßig werden jedoch bereits vorhandene Datensätze verkauft.

 

Beendet ist der Computerbetrug mit dem Eingang des Bahntickets auf dem E-Mail­ Konto der Angeschuldigten. Zu diesem Zeitpunkt hat die Deutsche Bahn AG über das Online-Ticket verfügt und die Angeschuldigten haben dieses erlangt,  während die Deutsche Bahn AG eine wertlose Gegenleistung erhalten hat.

Ob und wie der „Reisende” den Kaufpreis für das Bahnticket bezahlt, ist zwar für die Angeschuldigten von wirtschaftlicher Bedeutung, aber für die Erfüllung des Tatbestands des Computerbetrugs unerheblich.

4. Sonstiges:

 Hinsichtlich des Beschlagnahmebeschlusses des Postbankkontos Enrico Monti (Restguthaben: 3.737,54 €) vom 12.06.2013 soll dieser weiter aufrechterhalten werden (§ 111 i Abs. 2, 3 StPO). Dies gilt auch für die bei der Verhaftung sichergestellten 955,- € Bargeld, die aus der Geldab­hebung vom Girokonto „Enrico Monti” unmittelbar zuvor stammt. Ein Verfall dürfte hier aufgrund des§ 73 Abs. 1 Satz 2 GB nicht möglich sein.

Gegen den Angeschuldigten Adnan Polat wurde in dem parallel gelagerten Verfah­ren nach vorläufiger Festnahme am 06.08.2013 am 07.08.2013 ein Haftbefehl vom Amtsgericht Stuttgart erlassen und in Voll­zug gesetzt. Durch Entscheidung des Landgerichts Stuttgart vom 14.08.2013 wurde der Haftbefehl unter verschiedenen Auflagen außer Vollzug gesetzt.

Ich beantrage, 

 

  1. das Hauptverfahren zu eröffnen,

 

  1. neue Haftbefehle im Umfang der Anklage gegen die drei Angeschuldigten zu erlassen und die bisherigen Haftbefehle gegen Emre Ates und Cem Ates aufzuheben. Der Haftbefehl gegen Adnan Polat kann unter entsprechenden Auflagen außer Vollzug gesetzt werden.